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Vielfach ausgezeichnete Physikerin Univ.-Prof.in Dr.in Monika Ritsch-Marte referierte über „Optische und Akustische Fallen für die Biomedizinische Forschung“


In der Biomedizin hantieren Forscher mit mikroskopisch kleinen Proben. Hierfür werden bisher zumeist sogenannte „holographische optische Pinzetten“ benutzt. Diese haben jedoch den Nachteil, dass manche Partikel zu groß und schwer sind. Die Proben könnten bei der benötigten Laserleistung überhitzen. Diesen optischen Fallen stehen akustische Fallen gegenüber. Anhand von Schallwellen im Ultraschallbereich können mikroskopische biomedizinische Proben in einer Flüssigkeit berührungsfrei gehalten, bewegt oder sogar gedreht werden. Durch speziell geformte Ultraschallwellen, die Drehungen um die eigene Achse ermöglichen, kann neuerdings eine dreidimensionale Rekonstruktion des eingefangenen Objekts mithilfe optischer Bildgebung durchgeführt werden. Univ.-Prof.in Ritsch-Marte führte in ihrem Vortrag an der Internationalen Akademie Traunkirchen bildlich die Herausforderungen und das Potenzial dieser neuen Methoden für die Forschung vor Augen.

Univ.-Prof.in Ritsch-Marte: Maßgeschneiderte optische und akustische Kraftfelder können mikroskopische biomedizinische Proben berührungsfrei in Wasser halten und gezielt bewegen. Unterschiede in den zugrunde liegenden physikalischen Gesetzen und in den typischen Längenskalen, die akustische und optische Kräfte bestimmen, machen sie komplementär: Sogenannte "holographische optische Pinzetten" sind vielseitige und fein abstimmbare Werkzeuge für Objekte bis zu etwa 0.1 mm Größe. Für größere und daher schwerere Partikel (wie zum Beispiel aus Stammzellen gezüchtete ‚mini-Organe‘, Tumorzell-Cluster oder Organismen in einem sehr frühen Entwicklungsstadium) benötigt man akustische Kräfte – bei optischen Pinzetten bestünde bei den dazu benötigten Laserleistungen die Gefahr der Überhitzung der Probe.

Eine besonders nützliche Anwendung von optischen oder akustischen Kräften ist die Möglichkeit, ein eingefangenes biologisches Objekt um eine gewählte Achse senkrecht zur optischen Abbildungsrichtung berührungsfrei zu drehen, um alle für eine Artefakt-freie drei-dimensionale Rekonstruktion des Objekts notwendigen Mikroskopie-Bilder aufzunehmen. Als Beispiel wird die optische Kohärenztomographie (OCT) eines Zebrafisch-Embryos vorgestellt. Der Ansatz ermöglichte erstmals die korrekte tomographische Rekonstruktion der Brechungsindex-verteilung im Kopf des Fischchens. Eine große Schwierigkeit, die es hierbei zu überwinden galt, ist die Tatsache, dass die Lage des Objekts und der Blickwinkel darauf nicht a priori genau genug bekannt sind, was einen neuen Rekonstruktionsalgorithmus erforderte, der nicht nur die Probe in 3D rekonstruiert, sondern auch ihre Position und die Bewegungsparameter für alle aufgenommenen Bilder. Dieses Beispiel demonstriert auch das enorme Potenzial der Methode für die Beantwortung von Fragen zum Wachstum von Organoiden und zur Entwicklung von Tumoren.”

Univ.-Prof.in Ritsch-Marte ist Physikerin und Professorin auf dem Gebiet der Theoretischen Quantenoptik und der Biomedizinischen Optik. Sie ist Direktorin der Sektion für Biomedizinische Physik an der Medizinischen Universität Innsbruck. Seit ihrem Wechsel in die Angewandte Optik beschäftigt sich Ritsch-Marte mit der Entwicklung und Anwendung von Mikroskopie-Methoden und Optischen Pinzetten.

Artikel zum Thema "Wie man Miniorgane und Zebrafische zum Schweben bringt", Der Standard, 31.05.2024, Alois Pumhösel